Als wir morgens durch unsere verklebten Augenlieder blinzeln und unsere zertanzten Körperteile strecken, sehen wir lange Landschaften brauner Weite.
Hinter mir sitzen die anderen 66,6 % Englisch-sprechenden des Busses. Ein Spanier, und eine Iranerin, die beide zur Zeit in der Niederlande leben. Die beiden sind ein Paar und durch das gute Englisch der Frau, Amara, kommen wir schnell ins Gespräch, da sie auch die Ansagen des Busfahrers übersetzt.
Die restlichen Partylöwen um uns herum erstehen auch langsam von den Toten. Wir sind mittlerweile im zentralen Teil von Iran angekommen, der voll von Wüste ist. Während wir so durch die braun kantigen Weiten fahren, werden wir direkt mit einigen historischen Informationen gefüttert. Einige alten Zisternen die wir passieren, werden zum Anlass genommen uns über das historische Bewässerungssystem in Kenntnis zu setzen, dass sich über weite Teile des Irans zieht. Das Kanatsystem fand im persischen Reich seine Anfänge und wird heute noch benutzt, da Wassermangel weiterhin ein gravierendes Problem darstellt. Das Prinzip ist, verschieden lange Schächte zu bauen um das tief in der Erde verlaufende Wasserrohr zu erreichen. Durch die verschiedenen Längen der Schächte ergibt sich eine abfallende Steigung, die das Fließen des Wassers sichert. Das Prinzip eignet sich am besten in selbst abfallendem Gebiet, da der Kanat nicht ewig abfallen kann, sondern an bestimmter Stelle (meistens in einem Dorf) zutage tritt.
Nach dieser kleinen Einführung in die altorientalischen Adern die unter unseren Füßen verlaufen erreichen wir unser „Hostel“, in dem wir zunächst unsere Sachen loswerden. Es gibt ausrollbare kleine Matratzen und es teilen sich immer sechs bis sieben Leute ein Zimmer. Ich komme bei der Niederländerin, ihren Schwestern und ihrem Mann unter. Erstmal wird nun eine kleine Mittagspause gemacht und ordentlich gespachtelt. Wir haben auch etwas Zeit das Gelände zu erkunden.
Das Hostel:
Nach der Mittagspause besichtigen wir noch einen riesigen Salzsee:
Der Tag vergeht mit viel Rumfahrerei und noch mehr Tanzerei, bis wir abends müde ins Bett fallen.
Am nächsten Morgen zeigt die persische Wüste ein sonnigeres Gesicht.
Wir nutzen das gute Wetter um eine heilige Quelle zu besuchen, die aus einer Höhle entspringt, in der sich zahlreiche Fische tummeln. Anschließend gehen wir zu unserem Haupt-act des heutigen Tages über. Wir werden die Wüste besichtigen!
Klingt in Anbetracht der oben hochgeladenen Bilder etwas ironisch. Man könnte vielleicht sagen, dass der Ort, den wir nun besichtigen sich insofern unterscheidet, dass er richtige Dünen hat. So wie man sich diese Wüste eben vorstellt. Was natürlich auch nicht fehlen darf sind Wüstenjeeps und mietbare Quats.
Neben der feinen Ironie die hier durchklingt, macht es trotzdem einen Heidenspaß die sandigen Riesen zu erklimmen und die nackten Füße unter der Oberfläche zu verstecken.
Auf der Rückfahrt steuern wir ein Restaurant an, in dem wir unser Mittagessen zu uns nehmen möchten und hier kommt es nun doch noch zum Couchsurfingfail, der uns die ganze Zeit latent begleitet. Ich komme nämlich mit der Niederländerin darüber ins Gespräch, wie viel sie für den Trip bezahlt hat und sie sagt mir, dass jeder der beiden 50 $ gezahlt haben. Wie ihr euch aus dem letzten Post noch erinnern könnt, habe ich 100 $ bezahlt.
Das finde ich nicht cool. Ich erkläre also Amara meine Situation und frage sie, ob sie eventuell für mich übersetzen könnte. Sie bejaht und als wir an unserer Mittagsstation angekommen sind spreche ich die Schwester von Shayan an. Ich erkläre ihr, dass ich mehr bezahlt habe als die anderen und dass ich die Differenz bitte wieder haben möchte. Sie ist sichtlich schockiert und versichert mir gleich ihren Bruder anzurufen. Sie erreicht ihn zunächst nicht, gibt mir aber das Geld zurück. Als sie ihn dann später doch erreicht, erklärt sie mir, etwas wäre wohl mit dem Umrechnen falsch gelaufen. Außerdem dachte ihr Bruder, ich würde danach nochmal zu der Familie nach Teheran kommen.
Diese Erklärungen erscheinen mir alle fadenscheinig und ich bin mir sicher, dass Shayan dieses Programm öfter abzieht. Auch sein penetrantes Angebot für den Wüstentrip in der Nacht kommt mir nun nicht mehr ganz so sympathisch vor.
Was man an diesem Beispiel allerdings sehen kann, ist, dass Couchsurfing nun in manchen Bereichen genutzt wird um Touristenangebote subtil anzubieten. Was lässt sich besser vermarkten als ein Trip mit Locals, fernab vom Touri-angebot? Vermeintliche Zufälligkeiten oder gute Chancen, stellen sich im Nachhinein vielleicht als strategisches Kalkül heraus.
Manchmal werden touristische Angebote aber auch ganz offen präsentiert. Man findet immer mehr „Hosts“, die ein Hostel führen, oder eben welche, die Fremdenführer sind oder anderweitige kommerzielle Interessen haben. Das ist natürlich nicht grundsätzlich zu kritisieren. Aber in dem Setting von Couchsurfing, in dem es um freundschaftlichen Austausch, Gastfreundlichkeit und Transparenz geht, kommen mir diese Konzepte fehl am Platz vor. Sie täuschen über den Kernbaustein dieser Reiseidee hinweg.