Moria – Registrierungscamp und Hotspot auf Lesbos

 

Moria ist das Registrierungscamp von Lesvos. Alle Flüchtlinge die an den Stränden ankommen, müssen hier durch, es sei denn, sie möchten illegal weiterreisen, was durch die Fähren erheblich erschwert wird. Online habe ich diese Karte von Moria gefunden an der ihr euch gerne orientieren könnt.

Obwohl mich der Name durchgehend an die Höhlen von Moria aus Herr der Ringe erinnert, hat der Ort rein gar nichts mit Höhlen zu tun. Das Gebiet ist komplett open-air und von zahlreichen Zelten besiedelt. Dort sind einerseits die vielfältigen NGOs untergebracht (am unteren Rand der Karte sind alle Beteiligten aufgelistet) und andererseits natürlich die Flüchtlinge, die hier täglich ankommen. Diesen Februar sind durchschnittlich um die 1000 Menschen pro Tag hier auf der Insel angekommen.
Sie werden in sogenannten RHUs (Refugee Housing Units) untergebracht, die von IKEA produziert werden.

Davon gibt es in Moria 60 Stück. In jedes passen 20 Personen, Gesamtkapazität aller RHUs beläuft sich also auf 1800 Menschen. Neben den Zelten, gibt es noch die Dorms. Lang gezogene, containerartige Gebäude, die pro Block um die 10 Räume enthalten. Da die Räume der Dorms größer sind als die RHUs, können hier im Notfall 40-50 Menschen pro Raum übernachten. Es gab allerdings schon diverse Situationen, in denen sich Familien weigern den kleinen Raum zu betreten, da sich eine andere 15-köpfige Familie drinnen schon breit gemacht hat und der Platz sehr begrenzt ist. Wenn das Wetter draußen lau ist, legen sich manche einfach draußen auf den Boden. Wenn das Wetter kalt ist, müssen Lösungen gefunden werden: die Beteiligten werden höflich gebeten für alle Platz zu schaffen.
In den Dorms sind hauptsächlich alte Menschen und Familien mit Kindern untergebracht. Die Räume sind durchgehend beheizt und die Bewohner werden mit Essen versorgt. Wenn man in den Dorms Schicht hat, muss zunächst eine Liste geführt werden mit allen Bewohnern, die zurzeit in den Dorms untergebracht sind. Es wird darauf geachtet, dass die untergebrachten Menschen im Raum dieselbe Sprache sprechen. Außerdem ist man dafür zuständig, die neu ankommenden Familien in die entsprechenden Räume zu bringen und im Notfall zu vermitteln. Starfish verwaltet den oberen Container, ein Dorm. I58 verwaltet die unteren beiden. Sowohl Starfish als auch I58 sind dem DRC untergeordnet (der Grund warum Starfish nicht als eigene Organisation auf der Karte aufgelistet ist).
Neben den Dorms und den RHUs gibt es noch ein großes Zelt für alle männlichen Flüchtlinge. In der Zeit, in der ich in Moria gearbeitet habe, wurde das gerade verschoben und war deswegen nicht in Benutzung. Die Männer mussten in der Zeit auf dem Boden schlafen. Wenn es sehr voll war, wurden auch Zelte ausgegeben, die sich dann über die dicken Betonwege des Camps verstreuten. Daneben, Menschen in graue Decken eingewickelt.

Von außen sieht Moria aus wie ein großes Gefängnis, das es früher scheinbar auch war. Es gibt hohe Betonmauern, die von Stacheldraht überzogen sind. Hohe Zäune ziehen sich auch durch das Camp, grenzen die drei Dorms von einander ab und den Registrierungsbereich. Der Eindruck eines Gefängnisses und der damit verbundenen Bedrohung ist allgegenwärtig, obwohl die Menschen sich frei hinaus und hinein bewegen können. Man gewöhnt sich nach einer gewissen Zeit an die Stacheldrähte, kann aber durch die Augen der Neuankömmlinge immer wieder die Befremdung erkennen, die mit den großen Zäunen verbunden ist.
Die Freiwilligen schaffen es oft ein Gefühl von Wärme entstehen zu lassen. Unverfängliche Gespräche zwischen den Zelten, Witze und offenes Lächeln baut immer wieder kleine Brücken zwischen Freiwilligen und den Ankommenden. Obwohl die meisten übermüdet und entkräftet sind und meistens nur noch schlafen möchten, bleiben immer noch kleine Zwischenräume für Berührungen.

Die Bundeszentrale für politische Bildung erklärt einen Hotspot als riesiges Zentrum, das dafür gedacht ist, die Flüchtlinge, die eine Chance auf Asyl haben vorzuselektieren um sie besser auf die restlichen EU-Mitgliedsstaaten aufteilen zu können (bpb.de über Hotspots).

Offensichtlich werden bei dieser Strategie Schnellverfahren eingesetzt, die mir persönlich nicht besonders legal erscheinen. Im Anbetracht der Situation, dass die Grenzen in Europa mittlerweile geschlossen sind, ist das jedoch nur das erste Glied der Kette, das in Fragen von Menschenrechten schwächelt.
Wenn man in einem dieser Hotspots registriert wird und als „Wahrscheinlichkeit auf Asyl in Europa ist hoch“ eingestuft wird, hatte man vor wenigen Wochen noch die Möglichkeit über die Grenze nach Mazedonien weiterzureisen. Dieses Privileg war allerdings nur Irakern, Syrern und Afghanen vergönnt. Alle anderen wurden zwar registriert, jedoch anders gelabelt und somit aussortiert. Die Entstehung der Lager außerhalb von Moria, die all diejenigen aufnehmen, die an diesem Punkt nicht über die Grenze reisen durften, war somit vorprogrammiert. Das individuelle Asylrecht, das nicht nur vor Kriegszuständen im gesamten Land, sondern auch vor individueller Verfolgung schützt, darf man hier wohlwollend mit der Lupe suchen.
In dem Artikel von bpb.de wird auch erwähnt die Menschen hätten keine Motivation sich registrieren zu lassen, doch bei den bevorzugten Nationalitäten ist das offensichtlich nicht der Fall. Ich stimme auch der Äußerung zu, dass die Hotspots bisher nicht dazu geeignet und genutzt werden, die Menschen ohne Chancen auf Asyl(-antrag) wieder abzuschieben. Denn Moria ist ein Durchlauflager und es ist tatsächlich weder durchsetzbar noch mit völkerrechtlichen Standards vereinbar, die Flüchtlinge dort festzuhalten um sie zeitnah wieder abzuschieben. Neben dem Camp in Moria ist jedoch ein weiteres großes Camp geplant, dass bis zu 10.000 Menschen fassen kann. Doch niemand kann sagen, was dort geplant ist. Denn es kann genauso gut sein, dass man sich für steigende Flüchtlingszahlen im Sommer wappnen möchte.

Dieser Ort ist somit sehr vielschichtig und sowohl die nationale Politik auf Makrolevel, als auch die Unberechenbarkeiten auf dem Mikrolevel können sehr spontan zu erheblichen Veränderungen führen, was diesen Ort und diese Insel so besonders macht.